Humboldt-Universität zu Berlin - Deutsch

Institutionelle Rahmenbedingungen für die Umsetzung von Open Science

Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Open Science

Geht es um die Frage, wo Politik und Hochschulmanagement unterstützend tätig werden können, um die Umsetzung von Open Science weiter voranzutreiben, ist es sinnvoll zu prüfen, welche Wissenschaftler:innen überhaupt Schwierigkeiten bei der Umsetzung sehen. Nur wo Schwierigkeiten wahrgenommen und womöglich ein Unterstützungsbedarf angemeldet wird, haben gezielte Fördermaßnahmen, die nicht auf Anreizsteuerung sondern auf Zusammenarbeit mit den betroffenen Forscher:innen aufbauen, Aussicht auf Erfolg. Im Berlin Science Survey wurden die Wissenschaftler:innen für jede einzelne Open Science Praktik auch danach gefragt, ob und in welchem Maß sie Schwierigkeiten bei der Umsetzung sehen.

Hierbei hat sich gezeigt, dass vergleichsweise viele Wissenschaftler:innen sich schwertun, die Schwierigkeiten bei der Umsetzung von einzelnen Open Science Praktiken zu bewerten (siehe Abbildung 22). Dies gilt insbesondere für Citizen Science (41,9 %) aber auch Open Peer Review (24,4 %) und Code / Material Sharing (22 %).

Darüber hinaus zeigen sich selbst bei der etabliertesten Open Science Praktik, dem Open Access Publizieren (OA), noch Hürden: Knapp 25 % der Befragten geben an, große oder sehr große Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Open Access zu sehen. Dieser Wert übersteigt den Anteil der Befragten, die große oder sehr große Schwierigkeiten beim Open Peer Review sehen (18,9 %) (siehe Abbildung 22). Allerdings können beim Open Peer Review (OPR) weit weniger Befragte die Schwierigkeiten einschätzen. Schaut man sich nur die Befragten an, die eine Einschätzung geben können, so geben beim OPR 25 % große bis sehr große Schwierigkeiten an und 26,2 % bei OA (ohne Abbildung).

Anders sieht es beim Data Sharing aus, wo offenbar die meisten Schwierigkeiten bestehen. Gut 40 % der Befragten geben hier große oder sehr große Schwierigkeiten bei der Umsetzung an. Berücksichtigt man hierbei wieder nur die Befragten, die eine Einschätzung hinsichtlich der Schwierigkeiten geben können, sind es sogar 47,9 % (ohne Abbildung).

 

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Abbildung 22 Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Open Science Praktiken

Im Vergleich der Statusgruppen zeigen sich erstaunlich wenige Unterschiede bei der Einschätzung der Umsetzungsschwierigkeiten (Abbildung 23). Lediglich beim Open Peer Review sehen die Professor:innen deutlich mehr Schwierigkeiten und bei Citizen Science etwas weniger als die anderen Statusgruppen.

 

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Abbildung 23 Wahrgenommene Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Open Science, nach Statusgruppen

Das Ausmaß der Probleme bei der Umsetzung von Open Science Praktiken wird von den Fächergruppen deutlich unterschiedlich beurteilt (siehe Abbildung 24). Geisteswissenschaftler:innen sehen bei allen fünf Open Science Praktiken überdurchschnittlich oft große oder sehr große Schwierigkeiten. Auffallend ist außerdem, dass die Naturwissenschaftler:innen deutlich seltener als die anderen Fächergruppen Schwierigkeiten bei der Umsetzung von sowohl Data als auch Code und Material-Sharing angeben. Damit bilden sie an der Stelle das Kontrastprofil zu den Sozialwissenschaftler:innen, die bei den Sharing-Praktiken überdurchschnittlich oft Schwierigkeiten sehen. Die Art der Daten spielt hier eine große Rolle. Sind Daten personenbezogen oder gar sensibel, qualitativ oder schwer zu anonymisieren, dann stellt das teils große Hürden für die Bereitstellung dar.

 

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Abbildung 24 Wahrgenommene Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Open Science, nach Fächergruppen

 

Unterstützungsbedarf durch die Einrichtungen 

Da insgesamt die Hürden bei der Umsetzung von Open Science noch beträchtlich sind, stellt sich die Frage, inwiefern die Einrichtungen bei der Beseitigung von Schwierigkeiten unterstützen können. Wir haben daher auch nach dem Unterstützungsbedarf bei der Umsetzung und Ausweitung von Open Science Praktiken durch die eigene Einrichtung gefragt. Durchschnittlich gaben 40,5 % hierbei einen solchen Unterstützungsbedarf an (siehe Abbildung 25).

Unterschieden nach Statusgruppen zeigt sich, dass Professor:innen am wenigsten und die nicht-promovierten Wissenschaftler:innen am häufigsten einen solchen Bedarf angeben (siehe Abbildung 25). Beim Fächervergleich zeigt sich ein überdurchschnittlicher Unterstützungsbedarf für die Ingenieurswissenschaftler:innen und die Sozialwissenschaftler:innen (siehe Abbildung 26).

 

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Abbildung 25 Unterstützungsbedarf bei Open Access, nach Statusgruppen

Insgesamt betrachtet, zeigt sich, dass noch sehr viele Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Open Science Praktiken bestehen. Selbst beim bereits gut etablierten Open Access Publizieren sehen noch knapp ein Viertel der Befragten Schwierigkeiten. Entsprechend ist auch der bekundete Unterstützungsbedarf relativ hoch. Dieser variiert zwischen den Statusgruppen und Forschungskontexten.

 

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Abbildung 26 Unterstützungsbedarf bei Open Access, nach Fächergruppen

 

Einschätzung des Berliner Forschungsraums hinsichtlich Open Science

Um einen umfassenden Einblick in die Forschungsrealitäten der Wissenschaftler:innen zu erhalten, wurden diese schließlich auch um eine Einschätzung des Berliner Forschungsraums hinsichtlich verschiedener Aspekte gebeten (Lüdtke und Ambrasat 2022a). Die Umsetzung von Open Science wird dabei im Vergleich zu anderen Zielen als weniger gut eingeschätzt. Lediglich ein Anteil von 39,7 % der Befragten beurteilt diesen Aspekt des Berliner Forschungsraums als „eher gut“ oder „sehr gut“. Zwar sagen beim Thema Open Science mit 32,8 % auch weit mehr als bei den anderen Themen, dass sie dieses nicht für den Berliner Forschungsraum beurteilen können (siehe Abbildung 27), doch selbst wenn man diese Personen aus der Berechnung herausnimmt, ergibt sich für Open Science auch nur eine leicht-positive Einschätzung von 59,1 % (Abbildung 28).

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Abbildung 27 Beurteilung des Berliner Forschungsraums

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Abbildung 28 Beurteilung des Berliner Forschungsraums, ohne „kann ich nicht beurteilen“