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Diversität der Berliner Forschungslandschaft

Diese Nachricht erscheint im Newsletter der BUA im Oktober 2025



Die Berlin University Alliance hat sich zum Ziel gesetzt, eine systematische Strategie zur Förderung von Diversität und Diversitätsforschung bei allen Verbundpartnerinnen zu entwickeln und umzusetzen. Mit dem Berlin Science Survey von 2024 liegen erstmalig differenzierte Daten zur Diversität in den Einrichtungen der Berlin University Alliance vor. Im Vergleich der Statusgruppen zeigt sich, dass die Diversität mit steigender Karrierestufe abnimmt.

Im Berlin Science Survey wurden Diversitätsmerkmale mit einer Itembatterie erhoben, die verschiedene Untergruppen identifizierbar macht. Die erhobenen Merkmale basieren auf dem Minimal Item Set (Stadler et al. 2023) und wurden für den Berlin Science Survey in eine Kurzskala für den Wissenschaftsbereich überführt.

Somit wurde erstmalig auch nach verschiedenen Merkmalen gefragt, die Aussagen über die Diversität in den Einrichtungen der Berlin University Alliance zulassen. Dies ist insofern ein Novum, als dass die Einrichtungen selbst derartige Daten in den Personalstatistiken nicht in diesem Umfang führen.

Abbildung 1 zeigt die Verteilung der Diversitätsmerkmale für die BUA. Demnach gaben 42,5% der Befragten aus der BUA an, Erstakademiker:in zu sein. Das wurde so definiert, dass man Akademiker:in in erster Generation ist und keiner der Elternteile einen Hochschulabschluss hat. Bei der Frage, ob man selbst oder die eigenen Eltern außerhalb Deutschlands geboren wurden, gab dies mit 33,1 % ein recht hoher Anteil an. Vergleich man die Verteilungen der verschiedenen Diversitätsmerkmale mit einem Vergleichssample externer Exzellenzuniversitäten (siehe Abbildung 2), so zeigt sich nahezu dasselbe Bild. Lediglich die Wissenschaftler:innen aus der ehemaligen DDR, Personen, die sich der LGBTIG+ Community zuordnen, sowie solche mit langanhaltenden körperlichen Erkrankungen und solche mit Sorgearbeit sind an den Berliner Unis etwas stärker vertreten als an den externen Universitäten.

Abbildung 1 Diversität in der BUA

Abbildung 2 Diversität an anderen Exzellenzuniversitäten

Diversität nach Statusgruppen

Schaut man sich die Diversitätsverteilung in der BUA nach Statusgruppen an, so zeigt sich, dass Frauen im Laufe der Karriere eher aus dem System „rausfallen“. Zwar ist fast die Hälfte (49,6 %) des nicht-promovierten wissenschaftlichen Personals weiblich (siehe Abbildung 3) und bei den Postdocs sind es immerhin noch 47,8 % (siehe Abbildung 4), aber bei den Professor:innen fällt der Anteil dann ab auf 38,7 % (siehe Abbildung 5).

In Geschlechtergerechtigkeitsdebatten wird dieses Phänomen auch als Leaky Pipeline bezeichnet. Diese Zahlen müssen jedoch nicht Ausdruck aktueller Diskriminierungen sein, sondern können frühere Selektions- und Selbstselektionsprozesse widerspiegeln, die sich aufgrund bestehender Gender-Stereotype und darauf  basierender systematischer Benachteiligung von Frauen ergeben haben. Durch den langen Karriereweg zur Professur, zeigen sich Erfolge aktueller Gleichstellungsprogramme, wie eine Geschlechtergleichheit bei den Professuren, schätzungsweise erst in 10 Jahren. .   

Auch für andere Diversitätseigenschaften zeigt sich, dass die Vielfalt in der Zusammensetzung des Personals auf dem Weg zur Professur abnimmt.

So sind auf Ebene der Prädocs 42,6 % Erstakademiker:innen, bei den Postdocs sogar 43,1% und auf der Ebene der Professur 40,9 %.

Bei den Wissenschaftler:innen ostdeutscher Herkunft zeigt sich ein ähnlicher Effekt: 24,3 % der Prädocs, 25,6 % der Postdocs aber nur noch 16 % der Professor:innen geben an, dass sie selbst oder ihre Eltern in der DDR gelebt haben.

Auch der Anteil von Personen, die sich der LGBTIG+ Community zuzählen, nimmt mit steigender Karrierestufe ab. So sind es bei den Prädocs noch 12,9 %, bei den Postdocs 9 % (siehe Abbildung 4) und bei den Professor:innen nur noch 5,5 %.

Lediglich beim Thema Sorgearbeit nehmen die Anteile mit steigendem Status zu. Von den Prädocs leisten lediglich 17,5 % Sorgearbeit für ein oder mehrere Kinder oder Erwachsene und bei den Postdocs sind es 43,8 %, während es bei den Professor:innen jede zweite Person betrifft.

Bei der Frage nach langanhaltenden körperlichen Erkrankungen oder Behinderungen sind die Anteile über alle Statusgruppen hinweg in etwa vergleichbar.

Abbildung 3 Diversitätsmerkmale Prädocs

Abbildung 4 Diversitätsmerkmale Postdocs

Abbildung 5 Diversitätsmerkmale Professuren

Diese Beispiele zeigen, dass nicht alle Diversitätsmerkmale auf gleiche Art zu betrachten sind. Die Unterschiede zwischen den drei Statusgruppen – Professor:innen, Postdocs und Prädocs – spiegeln nicht nur unterschiedliche Stufen auf einer Karriereleiter, sondern auch unterschiedliche Alterskohorten und damit verbunden verschiedene Lebenssituationen.

Die Daten über Diversität können aber auch darauf hinweisen, dass bestimmte Personengruppen eingeschränkten Zugang zu hohen Positionen in der Wissenschaft haben. Dies kann auf diskriminierende Forschungskulturen im Bereich der Wissenschaft hindeuten. Inwieweit die Berlin University Alliance und deren Bestreben die Diversität zu fördern, dies ändern kann, wird sich in den kommenden Jahren zeigen.

 

Quelle:

Stadler, G., Chesaniuk, M., Haering, S. et al. (2023). Diversified innovations in the health sciences: Proposal for a Diversity Minimal Item Set (DiMIS), Sustainable Chemistry and Pharmacy, 33.
https://doi.org/10.1016/j.scp.2023.101072

Der Berlin Science Survey

Der Berlin Science Survey (BSS) ist eine wissenschaftliche Trendstudie zum kulturellen Wandel in der Berliner Forschungslandschaft. Hierfür erfragt das Robert K. Merton Zentrum für Wissenschaftsforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin in regelmäßigen Abständen online die Erfahrungen und Einschätzungen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Berliner Forschungsraum. An der jüngsten Studie haben 2.776 Wissenschaftlerinnen des Berliner Forschungsraums teilgenommen. Wir möchten uns herzlich bei allen bedanken, die an der Studie teilgenommen haben. 

Der umfangreiche Bericht mit allen Themen der Befragung findet sich hier:
https://www.berlinsciencesurvey.de/de/ergebnisse2024

Die Daten des BSS der Welle 2024 stehen als Scientific Use File auf dem Open-Access-Publikationsserver der HU zum Download bereit: https://doi.org/10.18452/32547